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Teil 6: Die Justage eines Newtons in 5 Schritten

 

Über die Justage von Newtons kursieren die wildesten Mythen. Tatsache ist, dass die Justage sehr einfach ist, wenn man die dahinter stehenden Mechanismen verstanden hat. Eine komplette Justage des Teleskops (OAZ, Fangspiegel und Hauptspiegel) ist in der Regel nur einmal vor dem ersten Einsatz des Teleskops erforderlich. Lediglich die Kollimation des Hauptspiegels sollte vor jeder Beobachtungsnacht überprüft werden. Das dauert selbst bei meinem 22-Zöller nur etwa ein bis zwei Minuten. Ich verwende hierfür eine einfache Justierhilfe aus einer Hülse mit einem zentralen Loch und einer schrägen Fläche, die man mit der Taschenlampe anstrahlen kann (kann man auch als so genanntes Cheshire-Okular kaufen). Alternativ ist eine einfache durchbohrte Filmdose, die in den OAZ passt, genauso ausreichend. 

Justierlaser können bei der Justage des Fangspiegels nützlich sein, welche man, wie oben erwähnt, in der Regel einmal macht (eine Filmdose kann dies aber genauso gut). Für die "tägliche" Justage des Hauptspiegels sind Laser gegenüber einem einfachen Justierokular jedoch sogar nachteilig und können leicht zu völligem Murks bei der Justage führen!!! Dies gilt insbesondere für Einsteiger, die die komplette Justage eines Newtons noch nicht komplett verinnerlicht haben. Und genau an die richtet sich diese Justage-Anleitung, da fortgeschrittene Beobachter wissen, wie sie ihr Teleskop korrekt einjustieren und eine solche Anleitung nicht mehr benötigen. 

Im Gegensatz zu einem Laser funktioniert ein Justierokular selbstzentrierend (unser Auge schaut automatisch in die richtige Richtung) und erlaubt eine perfekte Justage des Hauptspiegels auch bei leichter Fehlstellung des Fangspiegels, welche von der Abbildungsleistung her nicht relevant ist. Mit einem Laser funktioniert die Kollimation des Hauptspiegels nur dann, wenn gleichzeitig auch der Fangspiegel *absolut präzise* justiert ist. Lediglich bei gleichzeitiger Verwendung einer Barlow wird diese Anforderung aufgeweicht. Weitere Fehlerquellen beim Laser sind interne Dejustage des Lasers oder Verkippung des Lasermoduls im Gehäuse bzw. Verkippung des Gehäuses im OAZ.

Mehr dazu hier, hier oder hier.  IIm Folgenden zeige ich, wie man in fünf Schritten zum gut justierten Teleskop gelangt.

 

 

  Schritt 1: Justierlaser entsorgen

Ein eventuell vorhandener Justierlaser sollte gut eingepackt und an einem sicheren Ort verstaut werden, an dem man  mit Sicherheit nicht mehr so schnell über ihn stolpert. Alternativ kann er auch verkauft werden. Es ist unglaublich, wie viele Leute es gibt, die auf Pseudo-High-Tech-Spielzeug stehen und ihn dir gern abnehmen werden. Eine dritte Alternative wäre, den Laser auszubauen und sich daraus ein Interferometer zu bauen. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ist dies sicher die sinnvollste Möglichkeit .

Dieser Schritt 1 ist für viele Einsteiger sicher die größte Hürde bei der Justage eines Newtons. Wenn dieser Schritt jedoch gemacht ist, ist der Rest ein Kinderspiel. Ehrlich.

 

Von den folgenden Schritten müssen Schritt 2 bis 4 normalerweise nur bei einer Erstjustage durchgeführt werden, da sich Fangspiegel und OAZ kaum grob verstellen (jedenfalls nicht, wenn das Teleskop vernünftig gebaut wurde). Eine leichte Fehlstellung von Fangspiegel oder OAZ führt auch nicht zu axialen Abbildungsfehlern, sondern lediglich  zu einer suboptimalen Feldausleuchtung bzw. einer sehr leichten Verkippung der Bildebene. Damit die überhaupt wirklich zum Tragen kommen, muss die Fehlstellung von OAZ bzw. Fangspiegel schon beträchtlich sein! Aus genau diesem Grund muss deren Justage nur sporadisch kontrolliert werden.

Die Kollimation des Hauptspiegels ist jedoch sehr wichtig und deshalb sollte Schritt 5 vor jeder Beobachtungsnacht kontrolliert und die Kollimation gegebenenfalls korrigiert werden. Eine schon leichte Fehlstellung der optischen Achse des Hauptspiegels führt zu Abbildungsfehlern und zum Auftreten von Koma und Astigmatismus in der Bildfeldmitte.

Schritt 2: Positionierung des Fangspiegels

Bei diesem Schritt wird der Fangspiegel geometrisch auf die Höhe des OAZ entlang der Längsachse des Teleskoptubus gebracht.

Die präzise Ausführung dieses Schritts ist relativ unwichtig, da dadurch lediglich die mechanischen Achsen des Teleskops mit dessen optischer Achse in Übereinstimmung gebracht wird. Aus einer leichten Fehlstellung resultieren keine optischen Abbildungsfehler.

 

  Schritt 3: Ausrichtung des OAZ auf den FS

Bei diesem Schritt wird der OAZ so ausgerichtet, dass der Fangspiegelrand überall gleichweit vom Innenrand des OAZ Rohrs entfernt erscheint.

Hierzu ist es notwendig, dass man genau mittig in das OAZ Rohr blickt, was man am einfachsten mit einer durchbohrten Filmdose oder dem Loch eines Cheshire-Okulars erreicht. Was im Fangspiegel zu sehen ist, ist bei diesem Schritt nicht relevant.

Dieser Schritt ist ebenfalls nicht sonderlich kritisch, da bei einer Fehlstellung lediglich die Bildebene nicht genau senkrecht zur Achse des OAZ steht. Bei visueller Benutzung des Teleskops fokussiert das Auge nach. Auf der Achse entstehen keine Abbildungsfehler.

 

 

  Schritt 4: Ausrichten des Fangspiegels

Hierbei wird der Fangspiegel auf den Hauptspiegel ausgerichtet.

Der Fangspiegel wird so gedreht und mit Hilfe der Fangspiegel-Justageschrauben so verkippt, dass der Hauptspiegel mittig im Fangspiegel zu sehen ist. Hierzu ist es wieder notwendig, dass man genau mittig in das OAZ Rohr schaut.

Auch dieser Schritt ist nicht sonderlich kritisch, da die Ausrichtung des Fangspiegels lediglich die Ausleuchtung des Bildfeldes bestimmt. Abbildungsfehler werden bei nicht präziser Ausrichtung keine eingeführt.

Ein wichtiger Gesichtspunkt hier ist folgender: Aufgabe des FS-Halters und der Spinne ist es, den FS absolut kollimationsstabil zu halten. Verkippt der FS auch nur minimal beim Schwenken des Teleskops, so verändert sich automatisch auch der Kollimationszustand des HS (siehe nachfolgender Schritt). Auch wenn das paradox klingt: Für die optische Abbildungsleistung ist es also nicht notwendig, dass der FS absolut exakt ausgerichtet ist. Er muss jedoch seine einmal eingestellte Ausrichtung beim Beobachten präzise halten.

Dies ist mit ein Grund, dass ich vor allem bei meinen größeren Teleskopen für Spinne und FS-Halter sehr robuste und statisch ausgereifte Konstruktionen benutze (siehe hier), auch wenn diese bei der Kollimation etwas umständlicher zu handhaben sind.

 

 

Schritt 5: Kollimation des Hauptspiegels

Hierbei wird die optische Achse des Hauptspiegels auf die Mitte des OAZ und somit das Okular ausgerichtet.

Dies geschieht am einfachsten mit einem Cheshire-Okular oder sonstigem Justierokular. Der Hauptspiegel wird über die Justageschrauben des Hauptspiegels so verkippt, dass die Mittenmarkierung des Hauptspiegels und der (beleuchtete) Ring des Cheshires in Deckung kommen.

Dieser Schritt ist kritisch und sollte so genau wie möglich durchgeführt werden!

Bei diesem Schritt wird sicher gestellt, dass man auf der optischen Achse beobachtet. Ist dies nicht der Fall, tauchen Koma und Astigmatismus, die Feldfehler eines Parabolspiegels, in der Bildfeldmitte auf.

Dieser Justage-Schritt sollte von daher auch, zumindest bei einem Gitterrohr-Dob, nach jedem Aufbau kontrolliert werden!

 

Falls Schritt 1 nicht ernst genommen wurde und die Kollimation mit einem Laser noch einmal "überprüft" wird, so wird in der Regel trotz perfekter Kollimation des Hauptspiegels der Laserstrahl nicht in sich zurück reflektiert. Versucht man nun, diese scheinbare "Fehljustage" zu beheben, indem man den Hauptspiegel entsprechend "nach-kollimiert", gibt es kompletten Murks bei der Justage.

Also (auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole):

Finger weg vom Laser!

Ein einfaches selbstgemachtes Justierokular

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