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22" f/4.0 lowrider

 

herstellung des 6" planspiegels

Planspiegel (und im Folgenden werde ich damit allgemein Spiegel mit großen Krümmungsradii im Bereich mehrerer Kilometer bezeichnen, bzw.  solche, die auf dem Weg dahin sind ) als Fangspiegel für Newtonteleskope müssen zwei Bedingungen erfüllen: Sie sollten eine möglichst zonenfreie sphärische Oberfläche haben und der Krümmungsradius der Sphäre sollte möglichst groß sein, im Bereich mehrere Kilometer bis über 100 km,  je nach Größe des Planspiegels, Kippwinkel und gewünschter Genauigkeit. 

Feinschliff

Eine Planheit im Bereich 1 µm erreicht man schon, indem man drei Rohlinge im Wechsel gegeneinander schleift, also 1 auf 2, dann 2 auf 3, und dann 3 auf 1. Dies wird so lange wiederholt, bis die jeweilige Körnung durchgeschliffen ist. Nach dem Feinschliff wird einer dieser Rohlinge dann schließlich in der Politur weiterbearbeitet zum Planspiegel. Meine Rohlinge waren 150 mm Schott Borofloat-Scheiben von Martin Trittelvitz mit 15 mm Dicke. 

Die Rückseite dieser Rohlinge sollte auf jeden Fall auch angeschliffen werden, da sonst beim späteren Testen interne Reflexe an der glatten Rückseite entstehen, die sehr störend sind.  

Nach Karbo 1200 spiegelt die Oberfläche schon leicht.

Figuring

Gießen der Gipsscheiben für die Poliertools. Die Scheiben werden nach dem kompletten Austrocknen (mehrere Tage) noch mit mehreren Schichten Kronenlack und Klarlack versiegelt.

Herstellen der Pechhaut. Spätestens nach der dritten Pechhaut wird der Umgang mit Pech zur Routine.

Die fertige Pechhaut. Die Rillen wurden mit einer Aluprofilschiene in die im Wasserbad erwärmten Pechhaut eingedrückt.

Für die Korrektur des Spiegels habe ich zum Teil spezielle Zonenpolierer eingesetzt. Um nicht jedes Mal mein normales Tool zu ruinieren, habe ich gleich drei Tools gemacht und hatte auch noch ein 4" Tool von einem vorherigen Spiegel. Wichtig ist, dass das Hauptpoliertool gut passt bis zum äußersten Rand.

 

Testverfahren

Sobald der Spiegel einigermaßen auspoliert ist, kann man mit dem Messen beginnen. Hierbei verwendet man zwei Methoden: 

  • Den Ritchey-Common-Test (RCT), im Prinzip ein Sterntest im Doppelpass gegen eine langbrennweitige Sphäre. Eine eventuelle Krümmung des Planspiegels (die power, je größer der Radius desto kleiner die power) äußert sich hierbei als Astigmatismus in der Testanordnung. Mehr Infos hierzu gibt es in Texerau: How to make a telescope oder im Macintosh (Danke an Kurt und Achim, die mir Kopien der Artikel geschickt hatten!). Mehr Infos zum Messaufbau gibt es weiter unten und  von Kurt Schreckling auf Astrotreff.de. 

  • Der Foucault-Test gegen eine Referenzsphäre, um die Oberfläche zonenfrei zu halten. Dies ist ein Nulltest im Doppelpass, also extrem empfindlich.

Der Tester ist bei mir in beiden Fällen derselbe. Im RCT wird ein kleines pinhole in Alufolie vor einer hellen LED verwendet und mit einem Okular dessen Abbildung ausgewertet, im Foucault-Test werden pinhole und Okular gegen einen Slitless-Aufbau (Rasierklinge + LED) ausgetauscht. Dieser Austausch sollte möglichst schnell und einfach erfolgen, da man nach jeder Poliersession sowohl die Oberfläche als auch die power testen sollte. 

Rechts oben ist der Aufbau als slitless für Foucault mit kleinem Fernrohr gezeigt, daneben liegt der Aufbau für RCT. Darunter der Tester im RCT Modus mit Okular, Blendschutz, LED und pinhole, einmal von hinten vom Okulareinblick her und einmal von vorne. Zum Umbau muss nur eine Schraube gelöst werden und das Fernrohr aus seinem Halter herausgezogen werden.

 

 

Messaufbau für Foucault-Test (slitless) gegen Referenzsphäre

 

Der Tester im slitless Modus für Foucault mit Hilfsfernrohr.

Der 15 cm Planspiegel mit Zonenmaske ungefähr unter 90° zu einer 11 cm f/4.4 Referenzsphäre (die wirklich knallsphärisch ist ohne Defekte).

 

Messaufbau für Ritchey-Common-Test

 

Ein Planspiegel mit nicht verschwindender Power (also einem Krümmungsradius kleiner als unendlich) wird ein astigmatisches Bild des pinholes verursachen mit zwei fokalen Ebenen, einer tangentialen (senkrechtes fokales Strichbild der Strahlenbündel in der horizontalen Ebene) und einer sagittalen (waagerechtes fokales Strichbild der Strahlenbündel in der senkrechten Ebene). Der Abstand zwischen beiden wird im Ritchey-Common-Test (RCT) gemessen.

Zum Pinhole: Das Pinhole, das ich verwende, hat etwa 10 µm Durchmesser. Man kann sich so ein Pinhole aus Alufolie herstellen, indem man mit einer feinen Nadel die Alufolie auf einer Glasscheibe ganz leicht anpikst. Das macht man am besten 20x und sucht sich dann unter dem Mikroskop das beste Loch raus. Unter dem Mikroskop sieht man die Delle, die die Nadelspitze in der Folie verursacht hat. Oft bildet sich kein rundes Loch, sondern ein länglicher Riss in der Folie, oder es bilden sich zwei Öffnungen.  Die Bestimmung der beiden Fokallagen wird erschwert, wenn

Aufzählung

das Pinhole zu groß ist

Aufzählung

der Planspiegel noch stark asphärisch ist (sieht man leicht im Foucault-Test)

Aufzählung

die "Referenzsphäre" keine Sphäre ist

 

Bild des pinholes im RCT 

  • im äußeren Fokus (hier der tangentiale Fokus, der als senkrechte Linie erscheint (oben))

  • ungefähr in der Mitte zwischen beiden Foki (mittlere Abbildung, man sieht, dass das pinhole alles andere als perfekt ist) 

  • nahe dem inneren Fokus (hier der sagittale Fokus, der als waagerechte Linie erscheint, unten). 

Horizontal innen / vertikal außen bedeutet, dass der Spiegel konvex ist (Merkspruch von Dani Steiners Webseite: H(orizontal) I(nside) V(ertical) O(utside) CONVEX, hört sich zwar etwas seltsam an, ist aber sehr einfach zu merken, und darauf kommt's ja schließlich an, wenn man vor seinem Tester hockt und sich überlegt, wie das denn noch mal war, mit konvex und konkav ...). 

Aus dem zu messenden Abstand x der beiden astigmatischen Foki (sagittal und tangential) lässt sich mit den Formeln in Texerau oder Macintosh (siehe unten) der Krümmungsradius des "Planspiegels" bestimmen.

Die Anforderungen an die Größe des Krümmungsradius werden umso größer, je größer der Planspiegel ist und je größer der Winkel g (siehe Formel unten), um den seine Flächennormale später im Teleskop aus der optischen Achse herausgekippt ist. Da der Planspiegel im Lowrider nicht so stark gekippt wird (gamma ~30°, entspricht phi = 60°) im Vergleich zum klassischen Newton (gamma = 45°, entspricht phi = 45°), sind die Anforderungen an den Planspiegel im Lowrider nicht ganz so hoch wie im klassischen Newton.

äußerer Fokus:

zwischen beiden Foki:

nahe des inneren Fokus:

 

Mein Planspiegel hatte letztendlich eine Krümmungsradius r von über 15 km, was bei weitem ausreichend ist, um jeglichen sichtbaren Astigmatismus zu vermeiden. Dies hatte auch ein Raytracing mit dem Optischen Design Programm Oslo LT ergeben.

Im Foucault-Test war der Spiegel sphärisch bis zum Rand mit nur ganz minimalen Zonendefekten (und das bei einem Nulltest im Doppelpass!). Es hat allerdings einiges an Einsatz erfordert, bis ich ihn so weit hatte ...

Ursprünglich wollte ich aus dem 15 cm Spiegel einen 13 cm (11.2 cm kleine Achse) Spiegel selbst ausschneiden oder mit Wasserstrahl ausschneiden lassen. Als ich mich dann auf 22 Zoll Hauptspiegeldurchmesser festlegte, beschloss ich, den Fangspiegel einfach bei 15 cm Durchmesser (entspricht 13 cm effektive kleine Achse) zu belassen, und ihn bis zum Rand gut hinzubekommen (zwischen Entschluss und Zieleinlauf lagen immerhin noch etwa zwei Wochen Retouchieren). Da das Achsenverhältnis mit cos berechnet werden kann ergibt sich bei Kippwinkel g = 30° ein Verhältnis von 0.87 und somit kleine Achse 130 mm und große Achse 150 mm. Von daher habe ich den Spiegel schließlich einfach rund gelassen. Und bei einem 22-Zöller Obstruktionsparanoia wegen des Fangspiegels zu bekommen, wäre wirklich absolut fehl am Platz.

Der Krümmungsradius r des Planspiegels lässt sich berechnen (siehe Texerau oder Macintosh) mit

wobei p der Abstand des Planspiegels zum Fokus, x die Distanz zwischen sagittalem und tangentialem Fokus, und phi die Neigung des Planspiegels zur Hauptachse ist (siehe Aufbau in der Abbildung weiter oben). Die Empfindlichkeit der Testanordnung erhöht sich also mit größerem p und kleinerem Winkel phi (Die obige Formel ist aus dem Texerau. Ich vermute, sie gilt für einen Aufbau mit fixer Lichtquelle, obwohl er im Buch einen Aufbau mit mobiler Lichtquelle zeigt. Bei mobiler  Lichtquelle deshalb zur Sicherheit einen Faktor 0.5 dazurechnen).

Mit diesem Messaufbau misst man also im Prinzip genau das, was man im Teleskop minimiert haben möchte, nämlich den durch die power des Planspiegels verursachten Astigmatismus.  Der Messaufbau ist dabei so angelegt, dass die astigmatische Fokusdifferenz im Messaufbau um etwa drei Größenordnungen, also einen Faktor 1000, größer ist als später am "Arbeitsplatz" des Planspiegels, also im Teleskop:

Zunächst habe ich den RCT gegen dieselbe 11 cm / f 500 mm Referenzsphäre wie beim Foucault-Test durchgeführt. Die Empfindlichkeit steigt jedoch quadratisch mit dem Abstand p Planspiegel - Fokus, und damit mit der Brennweite der Referenzsphäre. Gerade in der Endphase der Korrektur waren 500 mm  einfach etwas zu kurz.

Deshalb verwendete ich für das Feintuning den 20 cm / f 1200 mm Parabolspiegel aus meinem Reisedobson. Der Spiegel wurde auf etwa 10 cm und später sogar auf 5 cm abgeblendet, wodurch er mit f/12 und später f/24 in dem kleinen genutzten Abschnitt hinreichend sphärisch war. Die Messung wurde unter einem Winkel phi von 20° und später 10° durchgeführt. Der Spiegelaufbau wurde auf einem justierbaren Brett fixiert, um schnell zwischen Foucault und RCT wechseln zu können, ohne immer wieder alles neu justieren zu müssen.

Der fertige Fangspiegel an seinem Arbeitsplatz. Der Fangspiegel wiegt etwa 800 g.

Die Herstellung des Planspiegels hat zwar einiges an Zeit gekostet, aber auch unheimlich viel Spaß gemacht. Man lernt dabei viel an Theorie und Praxis dazu. Zum Beispiel, dass es ziemlich schwierig ist, einen noch leicht konvexen Spiegel platt zu machen, ohne dabei die Sphäre zu verlieren. Mit einem leicht konkaven ging es erheblich leichter. Glücklicherweise hat man nach der Drei-Scheiben-Methode des Feinschliffs ja immer drei Rohlinge zur Auswahl.

Generell hatte ich bei MOT das Problem, dass sich auch bei kurzen Strichen der Spiegel von der Sphäre wegentwickelte und die konische Konstante kleiner als Null wurde (anders ausgedrückt: MOT parabolisiert). Damit fehlt eine Methode, effektiv die Mitte zu erniedrigen. Mit TOT und kurzen Strichen konnte ich hingegen den Rand zwar langsam, aber gleichmäßig absenken und somit einen leicht konkaven Rohling erfolgreich eben bekommen. 

 

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Richard Labschütz (170 mm)

Heiner Otterstedt

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