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22" f/4.0 lowrider

 

herstellung des 22"  hauptspiegels

parabolisieren

zum Schleifen        zum Polieren

Für das Parabolisieren habe ich ein ganzes Arsenal an Tools verwendet (zum Teil auch aus vorhergehenden Projekten, mit neuer Pechauflage). Als Haupt-Tool diente eine 25 cm Pechhaut, als Zonenpolierer hatte ich Tools mit 15 cm, 10 cm, 5 cm, sowie zwei Spezial-Tools mit 3 cm (Handballen, wenig effektiv) und 1.5 cm (rechter Daumen, sehr effektiv).

Als mich Lisa (4) dann fragte, was denn das für schwarzes Zeugs auf den Tools sei und ich ihr das zu erklären versuchte, musste ich feststellen, dass sie Frau Holle nicht kannte! Ist in unserem Märchenbuch einfach nicht drin! Da sieht man wieder, wozu Spiegelschleifen so alles nützlich sein kann. Man kann damit sogar mögliche Kulturgut-Defizite beim Nachwuchs erkennen, und frühzeitig erzieherisch gegensteuern (wobei ich mir dann am Schluss doch nicht mehr so ganz sicher war, was denn nun alles wirklich original aus Frau Holle war und was nicht ... ).

 

Für die Facettierung habe ich bei diesen kleineren Tools eine Automatte verwendet. Die Pechhaut wird dabei kopfüber in heißes Wasser getaucht und dann mit der Fußmatte als Zwischenlage auf den Spiegel gepresst. Danach wird die Automatte entfernt, noch mal mit einem Fliegengittergewebe als Zwischenlage gepresst, und ganz zum Schluss noch mal ohne. 

Am Anfang waren die Parabolisierungstools mit 28° Pech belegt. Später verwendete ich weicheres 23° Pech, das besser zu der relativ niedrigen Temperatur im Keller passte. Die Oberfläche des Spiegels wurde mit dem weicheren Pech erheblich ruhiger. 

Kleine Zonenpolierer (~ 4-5 cm) habe ich auch immer wieder in heißes Wasser getaucht, um sie weich zu halten und somit feinste Kratzer zu vermeiden, die sonst mit diesen kleinen Tools immer wieder auftauchten.

Während bei kleineren Spiegeln das Parabolisieren die Kür ist, bei der man wenig tut (das dafür richtig und genau dosiert) und viel misst, ist das bei so einem 22" f/4 immer noch Grobarbeit. Um die Mitte für die Parabel auszubaggern, muss man mehrere tausend nm  Glas abpolieren. Und das ist richtig viel! Das Parabolisieren entspricht also eher Feinschliff, aber mit Pechhaut und HPC.

Eine effiziente Methode, um die Mitte tief zu bekommen, besteht darin, gezielt Druck auf das Poliertool auszuüben. Ich hatte Erfolg mit der Methode rechts, bei der ich immer ziemlichen Druck auf die mit X bezeichnete Seite des Tools ausübte. Wichtig ist hierbei, den Spiegel immer wieder weiterzudrehen, um das Ganze auch rotationssymmetrisch hin zu bekommen. Wenn ich noch mal einen so großen Spiegel parabolisieren müsste (was ich nicht vorhabe ), würde ich mir sicher einen Drehteller bauen, auf dem der Spiegel mit konstanter Geschwindigkeit gedreht wird. 

Beim Parabolisieren habe ich mir keine Notizen mehr gemacht. Ich habe viele verschiedene Techniken ausprobiert, manches hat funktioniert, manches nicht. Dieses Experimentieren ist notwendig, um heraus zu finden, wie bestimmte Aktionen sich auf die Oberfläche auswirken (und das ist bei jedem individuell verschieden) .

Die prinzipielle Vorgehensweise war folgendermaßen, dass ich zunächst die Mitte ausbaggerte mit der Kantendruckmethode (mehrere Abende!). Dann habe ich mit Rosettenstrichen das Loch in der Mitte zum Rand hin ausgeweitet, um die grobe Parabelform zu bekommen. Zum Schluss ging es dann an die Korrektur einzelner Zonen mit kleineren Tools. 

Mehrmals habe ich auch mit Daumen die Kante von innen bearbeitet, um ein drohendes Abhängen zu korrigieren.

Für die Zonen-Messungen habe ich eine 12-Zonen Coudermaske verwendet, die ich mit einem "Papierzirkel" (siehe rechts) angefertigt habe.

Meinen ursprünglichen Schlingen-Teststand habe ich auf Anraten Kurt Schrecklings umgebaut und die Schlinge durch zwei frei drehbare Holzklötze ersetzt. Auf den Holzklötzen befinden sich zwei Teflonstreifen, die den Spiegelrand in seiner Mitte unterstützen. 

Die Foucault-Ergebnisse über verschiedene Spiegeldurchmesser waren generell nicht völlig gleich . Ich denke, das ist normal, wenn man so einen großen Spiegel mit Subdiameter-Tools parabolisiert. Ich habe mir lange überlegt, wie ich diese Abweichungen, auch bezüglich des Krümmungsradius, quantifizieren kann. Mit Foucault und irgendwelchen Drehmanövern (des Spiegels oder des Testers) geht das nicht. 

Ich habe dann auch noch ein bisschen Interferometrie mit dem kleinen Common-Path-Interferometer von Lutz Bath versucht. Interferometrie aus dem Krümmungsradius ist jedoch bei der Spiegelgröße und der daraus resultierenden absoluten Abweichung der Parabeloberfläche zur Sphäre zu sehr ungenau. Diese große absolute Abweichung lässt sich auch mit Programmen wie FringeXP nicht sauber herausrechnen, das Ergebnis ist zu sehr fehlerbehaftet . Dazu braucht es dann schon Autokollimation gegen großen Planspiegel (als Nulltest).

Nachtrag: Stand 2006, mittlerweile ist dies mit erheblich verfeinerten Auswertungsprogrammen wie Openfringe, die große Streifendichten verarbeiten können, gut möglich.

Alternativen wären Kompensationsmessungen nach Dall (einfacher Durchgang durch Kompensationslinse) oder Ross (doppelter Durchgang). Ich habe beides probiert, so richtig zufriedengestellt hat mich jedoch keine der beiden Methoden, da man sich damit wieder weitere mögliche Fehlerquellen (vor allem für Asti) einhandelt. 

Also bin ich letztendlich doch bei normalem Foucault und Sterntest aus dem Krümmungsmittelpunkt hängen geblieben. Letzterer wird für einen Spiegel mit fortschreitender Korrektur jedoch immer uneindeutiger, kann jedoch durch einen echten Sterntest immer wieder überprüft werden, der jedoch sehr gutes Seeing verlangt. 

Zweimal habe ich auch "offensichtliche" Abweichungen  von der Rotationssymmetrie durch unsymmetrische Aktionen mit Zonenpolierern korrigiert. Was ist aber schon offensichtlich, wenn man den Krümmungsradius nicht auf 1/100 mm genau kennt? Die Sensitivität der Oberflächenform auf kleinste Veränderungen des Krümmungsradius ist bei so einem großen Spiegel schon enorm. Wer es nicht glaubt, soll sich mal einen großen Spiegel in Figure XP eingeben und dann den RoC um  lediglich zwei hundertstel mm verschieben. Das kann ganz schnell zu Veränderungen der Oberflächenform um 40 nm führen. Solche Korrekturversuche sind also immer ein Spiel mit dem Feuer

Den Spiegel habe ich letztendlich für fertig erklärt, nachdem die Oberfläche über alle Durchmesser unabhängig voneinander mehr als 0.9 encircled energy ratio hatte, und die gemittelten Messungen über 0.95 lag. Im künstlichen Sterntest waren kein Asti oder Deformationen zu erkennen. Im echten Sterntest waren ebenfalls kein Asti oder sonstige auffällige Abweichungen erkennbar, wobei diese Messungen natürlich sehr limitiert sind durch das Seeing. Eine sinnvolle Beurteilung des Fokusbilds im Sterntest ist bei einem 22" unter unseren normalen Seeingverhältnissen einfach nicht mehr möglich. 

Was man so kurz vor Fertigstellung eines Spiegels nicht alles an aktiver Autosuggestion betreibt, um sich selbst zu beruhigen.

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