home

einführung

cs

 plattform

vns

plattform

antrieb

planung

baupläne

 

äquatorial plattform

 

Dobsons sind alt-azimutale Teleskope. Weiß jeder. Und das ist nicht so toll, wenn man, zum Beispiel, Jupiter bei 400x Vergrößerung beobachten möchte. Es ist machbar, wenn man eine ruhige Hand beim Nachführen hat und einen Dobson mit guter Mechanik, aber es wäre trotzdem schön, wenn Jupiter einfach in der Mitte stehen bleiben und nicht durch die Erdrotation aus dem Gesichtsfeld herauswandern würde. 

Es gibt eine relativ einfache Möglichkeit, auch Dobsons parallaktisch nachzuführen, vor allem wenn man sich für die visuelle Nutzung damit begnügt, dass das zu beobachtende Objekteinfach nur "ungefähr" in der Bildmitte bleibt. Und das Schöne ist: Es geht auch für größere Dobsons, ohne schwerwiegende Gewichtsbeschränkung. Die Lösung ist die Äquatorial-Plattform (oder Nachführ-Plattform, Tracking Platform, EQ Plattform, oder oder oder... es gibt viele Namen dafür). Erstmals beschrieben wurden solche Nachführplattformen von Adrien Poncet 1977 und später weiterentwickelt von Alan Gee und Georges d'Autume (siehe weiter unten).

 

Eine Äquatorial-Plattform dient als parallaktisch montierter flacher Unterbau, auf den der Dobson mitsamt seiner Rockerbox gestellt wird. Die Plattform ersetzt somit das Bodenbrett des Dobsons. Das Bild links zeigt meinen 14" Dobson auf so einer Äquatorial-Plattform. 

Die intuitive Bedienung des Dobsons bleibt selbstverständlich auch auf einer Plattform unverändert erhalten. 

Hier ein Bild einer Kreissegment (CS) Äquatorial-Plattform (eine Mischung aus Poncet- und Gee-Typ, siehe weiter unten) ohne den Dobson. Die Plattform selbst ist nur 9 cm hoch und ersetzt das normale, 3 cm hohe Bodenbrett des Teleskops. Die Plattform erhöht somit die Bauhöhe des Dobsons nur um 6 cm (was bei Teleskopen dieser Größe über Treppchen oder Beobachtung vom Boden entscheiden kann). 

Die Rollen auf dem oberen Tisch haben übrigens nichts mit der Funktion der Plattform zu tun, sondern dienen der Führung der unten offenen Rockerbox (anstelle eines Zentralbolzens). 

zu diesem Plattform-Typ erschien ein Artikel in Sterne und Weltraum 11/2006

Hier ein Bild einer weiteren Plattform, die ich für meinen 22" Lowrider Dobson gebaut habe. Diese Plattform hat ein etwas anderes Design (eine Abwandlung des d'Autume-Typs, auf das weiter unten noch näher eingegangen wird) und kann auch schwerere Dobsons (>40 kg) noch gut tragen. Sie ist von der Konzeption her etwas komplexer, aber einfacher zu bauen und wird hier im Detail vorgestellt.

zu diesem Plattform-Typ erschien ein Artikel in Interstellarum 12/2009

 

Wie funktioniert eine Äquatorial-Plattform?

 

Das Konstruktionsprinzip einer Äquatorialplattform ist eigentlich einfach. Sie besteht aus zwei Platten, einer Bodenplatte und einem darauf montierten Tisch, der drehbar gelagert ist. Die Drehachse des Tischs ist hierbei parallel zur Erdachse ausgerichtet, er ist somit parallaktisch montiert. Bei 50° nördlicher Breite steht die Drehachse in einem Winkel von 50° zur Erdoberfläche und zeigt auf den Polarstern. 

Damit der Tisch als eine stabile Montage-Plattform dienen kann, muss er an drei Punkten definiert gelagert sein. Das südliche Lager (rechts im Bild) ist einfach zu realisieren. Es besteht aus einem Axial-Lager in Richtung der Drehachse. Auf der Nordseite (links im Bild) ist dieses Prinzip nicht anwendbar, da sich hier die Drehachse in einiger Höhe über dem Tisch befindet. Anstelle eines Axial-Lager wird hier ein großer Kreis senkrecht zur Drehachse verwendet, der auf schräggestellten Rollen auf dem Bodenbrett aufsitzt.

Wie aus der Abbildung ersichtlich, ist für die Lagerung nicht der komplette Kreis erforderlich. Um eine Nachführung über eine Stunde zu gewährleisten, ist ein relativ kleines Kreissegment ausreichend, welches schräg an der Unterseite des Tisches montiert wird. Der Tisch wird mit einer Rate von 15° pro Stunde um die Polachse gedreht (360° / 24h), so dass eine einstündige Nachführung ohne Kippgefahr für das Teleskop realisiert werden kann (eigentlich dauert ein Sternentag ein paar Minuten weniger als 24 h, aber wir können hier getrost mit 24 h rechnen). Nach Ablauf dieser Zeit wird die Plattform jeweils wieder von Hand in ihre Ausgangsstellung gebracht. 

Anstelle des Kreises kann jede beliebige Schnittebene durch den rechts gezeigten Kegel verwendet werden. Dies macht man sich bei den unten gezeigten VNS Plattformen mit senkrechtem Nordlager aus Ellipsen- bzw. Hyperbel-Segmenten zum Vorteil. 

 

Verschiedene moderne Design-Varianten einer Äquatorial-Plattform

Neben dem einfachen CS Plattform-Typ mit einem schräggestellten Kreissegment, das auf schrägstehenden Rollen abläuft (alles auf die Polachse ausgerichtet), gibt es auch andere Varianten. Man kann zum Beispiel das Segment des Nordlagers senkrecht stellen (und zusätzlich in zwei Hälften teilen, die gegeneinander leicht gedreht werden). Dieser Typ wird auch VNS (= vertical north segments) Plattform genannt und ist eine spezielle Form des d'Autume-Typs. Hier können waagerechte statt schrägstehende Rollen verwendet werden, wodurch die Lastübertragung vom Tisch auf das Bodenbrett optimiert wird. Die Planung für dieses Design ist etwas komplizierter, da das Nordlager nicht mehr ein einfach abrollendes Kreissegment ist, sondern elliptisch wird. Zudem vollführt dieses Segment während des Ablaufens noch eine leichte Kippbewegung, wodurch die Lauffläche eine sehr komplexe Form annimmt. Gerade bei großen, schweren Teleskopen haben solche Design-Varianten jedoch eindeutige Vorteile. 

Wie kann man nun die komplizierteren Segmente des Nordlagers bei einem solchen Plattformtyp herstellen? 

Eine Möglichkeit besteht darin, sich ein Montagegestell zu bauen, mit dem der Tisch genauso bewegt werden kann wie später in der fertigen Plattform, und die Laufflächen der Sperrholzsegmente dabei über eine Fräse laufen lassen. Wie dies genau gemacht wird, ist ausführlich auf der Webseite von Ulli Vedder für seine Plattform (rechts) gezeigt und auf dieser Seite.

Alternativ kann man auch die Form der Nordlager-Segmente explizit bestimmen und mit Hilfe eines Graphik-Programms Schablonen für die Segmente herstellen. Damit die Kippbewegung der Segmente beim Ablaufen der Plattform nicht zu sehr zum Tragen kommt, sollten die Segmente relativ dünn sein. Wie man das genau macht, ist auf der Seite zur Plattform für meinen 22" Lowrider Dobson erläutert. Mittlerweile hat auch die Plattform für meinen 14-Zöller senkrechte Nordlager-Segmente.

Eine weitere Designmöglichkeit besteht darin, das Nordlager schräg zu lassen, aber dessen Lauffläche so anzuschrägen, dass die tragenden Rollen trotzdem waagerecht montiert werden können. Diese Variante vereint viele Vorteile in sich und sollte auch gut für schwere Dobsons geeignet sein. Ein tolles Beispiel dafür ist die Plattform von Ed Jones (rechts), die auch von den sonstigen Ideen her klasse ist. Zudem sieht sie auch noch richtig schön und edel aus! Unbedingt anschauen!

"Historische" Entwicklung unterschiedlicher Varianten der Äquatorial-Plattform

Adrien Poncet beschrieb 1977 als erster eine Äquatorialplattform, bei der er als Nordlager einfach eine senkrecht zur Polachse gestellte Ebene verwendet (entsprechend oben gezeigter Kreisscheibe bei der CS Plattform), die von "hinten", also von Süden her, über die Fläche von schräg gestellten Rollen unterstützt wird. Die Form der Ebene ist hierbei unerheblich, wichtig ist nur ihre senkrechte Stellung zur Polachse. Dieser Plattformtyp funktioniert gut für sehr hohe Breitengrade, da dann die Neigung dieser Ebene gering ist, während bei niedrigeren Breiten (und damit steilerer Stellung der Ebene) die Belastung immer ungünstiger wird.  Alan Gee hat dieses Prinzip abgewandelt und wandelt diese Ebene in ein explizites Kreissegment (circle segment / cylinder bearing) umd, welches nun nicht mehr von "hinten" über die Fläche unterstützt wird, sondern in der Ebene selbst über die Kante (wiederum über schräggestellte Rollen). Dieser Typ funktioniert nun gut bei niedrigen Breiten, aber umgekehrt nicht mehr so gut für höhere Breiten. Moderne Kreissegment-Plattformen sind in der Regel eine Mischung aus Poncet- und Gee-Typ und verwenden eine Unterstützung des Kreissegments sowohl von der Kante her als auch von "hinten" über die Fläche. Georges d'Autume schließlich schlug 1988 die konische Lagerfläche (conical bearing) als ganz allgemeine Lagerform vor (siehe Abbildung oben). Hier kommen keine schräggestellten Rollen mehr zum Einsatz, sondern horizontale Rollenlager. Die VNS-Plattform (siehe oben) oder Ed Jones Plattform (siehe ebenfalls oben) sind Varianten des d'Autume Typs.

Die Plattform in der Praxis

Wie ist nun so eine Plattform in der Praxis? Da die tolerierbare Ungenauigkeit der Nachführung für visuelle Beobachtung um Größenordnungen höher liegt als bei der Fotografie, sind auch die Toleranzen beim Bau einer solchen Plattform und vor allem bei der genauen Ausrichtung höher als man zunächst annimmt. Ich richte meine Plattform immer nur grob aus und verwende dazu eine kleine Rundwasserwage und entweder den Polarstern oder, falls es beim Aufbau noch zu hell ist, einen kleinen einfachen Kompass. Diese grobe Ausrichtung hat sich in der Praxis für die visuelle Beobachtung als ausreichend erwiesen. Alternativ, wenn man die Plattform genauer ausrichten möchte, kann man sich auch einen kleinen Aufsatz für die Plattform bauen, der als "Polsucher" dient oder die Plattform sogar wie eine normale äquatoriale Montierung einscheinern. Für rein visuellen Einsatz ist dies jedoch sicherlich nicht notwendig.

Beim ersten Einsatz meiner Plattform war ich natürlich gespannt. Ich habe die Plattform aufgebaut und ausgerichtet und dann meinen 14-Zoll Dobson daraufgebaut. Dann habe ich mir als ersten Test einen Stern in der Nähe des Himmelsäquators eingestellt und auf fast 900 x vergrößert. Ein kurzes Anpassen der Motor-Geschwindigkeit und er blieb stehen ... einfach so. Die Plattform ist übrigens nicht nur beim Planetenbeobachten hilfreich. Auch beim Deep Sky Beobachten setzte ich oft 300x bis 450x Vergrößerung ein, beispielsweise bei engen Galaxiengruppen oder PN's. Ich empfinde es als ganz angenehm, wenn man auch mal kurz vom Teleskop weggehen kann, um z.B. einen Blick auf die Karte oder ein Beobachtungsbuch zu werfen, ohne den letzten Bezugspunkt gleich wieder aus dem Gesichtsfeld zu verlieren. Besonders hilfreich ist eine Plattform, wenn man noch Mitbeobachter hat, denen man die eingestellten Objekte zeigen möchte.

 

Auf die Planung der Plattform ...

... wird im Detail hier eingegangen

... und hier gibt es fertige Designs für einige Plattformen

Die Planungsphase ist ziemlich wichtig für den erfolgreichen Bau einer Plattform. Zunächst einmal muss man sich wirklich im Klaren darüber sein, wie so eine Plattform funktioniert. Ansonsten ist das natürlich hoffnungslos .

Außerdem ist es sinnvoll, die Plattform an sein Teleskop anzupassen, um eine möglichst gute Funktion zu gewährleisten. Deshalb biete ich hier auch keine fertigen Pläne an, da diese für meine 14" und 22" Gitterrohrdobsons ausgelegt wären. Eine Plattform für z.B. einen 8 bis 12" Volltubus Dobson  wird zwangsläufig etwas andere Abmessungen haben müssen. Wie man diese Abmessungen für eine auf das eigene Teleskop zugeschnittene Plattform ermitteln kann, wird im Detail hier erläutert.

Für die Planung der Plattform ist zunächst die geographische Breite alpha des Beobachtungsorts wichtig, die die Neigung der Polachse zur Erdoberfläche und somit zum Plattformtisch bestimmt. Weiterhin muss die ungefähre Höhe des Schwerpunktes des gesamten Teleskops (Tubus und Rockerbox) bestimmt werden. Um die Drehung des Tisches um die Polachse möglichst kräftefrei zu halten, sollte die Plattform sinnvollerweise so konstruiert werden, dass die Polachse durch den Schwerpunkt des gesamten Teleskops plus Plattformtisch verläuft (wobei sich in der Praxis gezeigt hat, dass man da durchaus Spielraum hat). Wie man die Höhe des Schwerpunkts des gesamten Teleskops plus Plattformtisch berechnet, ist hier gezeigt.

Prinzipiell empfehle ich jedem, sich möglichst viele der Plattformen aus der Linkliste unten mal anzuschauen. In jeder dieser Plattformen sind eigene Ideen verwirklicht, die dazu beitragen, die persönlichen Ansprüche an eine Plattform zu erfüllen. Die Art und Weise, wie ich meine Plattform gebaut habe, stellt nur eine unter vielen Möglichkeiten dar, und es gibt sicher viele Beobachter, die andere Anforderungen an ihre Plattform stellen.

 

Mehr EQ-Plattformen

EQ Plattform Linkliste von Stellafane

 

VNS (Vertical North Segments) Plattformen

Eigene VNS Plattformen mit Direktantrieb  für 14" und 22" Dobsons

Daniel Restemeier (VNS Plattform für 16" Dobson)

Martin Brückner (VNS Plattform für 18" Dobson, auf Astrotreff)

Uwe Glahn (superstabile VNS Aluminium Plattform für 27" Dob)

 

CS (Kreis-Segment) Plattformen

Fred van Gestel  (zwei Plattformen mit Reibungs- bzw. Zahnstangenantrieb für 8" f/6 Volltubusdobsons)

Christof Gurdan (Plattform mit genial einfachem Zahnstangenantrieb, auf Astrotreff)

Jens Decker (Plattform für 18" Dobson, angeschrägte Nordlager à la Ed Jones)

Ed Jones (eine tolle Plattform mit einem simplen aber eleganten Design, Direktantrieb und einer zusätzlichen Alt-Steuerung)

André Heijkoop (Plattform für 14" mit Direktantrieb)

 

Hersteller von Plattformen

Tom Osypowski (Equatorial Platforms), schöne und superstabile VNS Plattformen mit Direktantrieb, in Holz oder Alu, mit zusätzlichem Alt-Antrieb für Photographie, von einem der Pioniere des Plattformbaus, im gehoberenen Preissegment, USA

AstroThingy   stabile Aluminiumplattformen von Harry Feigel

Pierre Desvaux (Dobson Factory), schöne, handwerklich perfekt hergestellte Plattformen im gehoberenen Preissegment aus Frankreich

 

 

home      einführung      cs plattform      vns plattform     antrieb      planung     baupläne