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Sterne über'm Furkapass

 

September 2003

Furkapass - für mich war das bisher synonym mit Rennrad-Pässefahrten und Klettertouren im Granit der Urner Alpen. Aber auch für etwas andere Unternehmungen bietet der Pass in der Zentralschweiz beste Ausgangsbedingungen. Das war mir spätestens nach den begeisterten Berichten von Achim Schaller und Carolin Tomasek nach ihren ersten Beobachtungsnächten dort oben klar geworden. Am ersten Augustwochenende 2003 war es dann soweit und ich war diesmal mit dabei am Furkapass.

Als Beobachtungsstandort hatten wir uns die Almwiesen von Tätsch ausgesucht, erreichbar über eine ca. 2 km lange unbefestigte Straße von Tiefenbach aus, der letzten kleinen Ansiedlung an der Passstraße von Andermatt zum Furka. Wie ein Aussichtsbalkon auf über 2200 m Höhe bietet diese Alm herrliche Ausblicke: Tagsüber auf die Granitzacken der Urner Alpen und nachts auf einen Sternenhimmel weit abseits jeglicher Lichtverschmutzung. Dort postierten wir uns mit unseren Geräten, Achims 12"-Gitterrohr-Newton auf transportabler Dobsonmontierung, meinem 8"-Reise-Dobson, der sich dagegen fast wie ein Zwerg ausnahm, sowie einem 75-mm-Refraktor.



Der erste Abend begann nach einem heissen Hochsommertag zunächst vielversprechend. Dann jedoch stiegen aus dem Tal langsam die ersten abendlichen Dunstschwaden auf und hüllten die Almwiesen bald in dichten Nebel ein. Doch so schlagartig wie er gekommen war verabschiedete sich der Nebel auch wieder ins Tal, und wir konnten aufatmen. Ab 1 Uhr hatten wir dann den "Alpenhimmel", den wir uns gewünscht und erwartet hatten, mit einer guten Transparenz bis mag 6.5 und einem zumindest in der ersten Nacht ebenso guten Seeing, was den frühmorgendlichen Marsbeobachtungen zu Gute kam. Unser Hauptinteresse galt aber natürlich den Deep Sky-Objekten, den Nebeln, Galaxien und Sternhaufen.

Ein dunkler Himmel macht hier nicht selten den entscheidenden Unterschied zwischen ahnen und sehen. Dies gilt besonders jenen flächigen lichtschwachen Objekten unter ihnen, die nur eine sehr geringe Oberflächenhelligkeit besitzen und deshalb mangels Kontrast zu oft im Vordergrundleuchten der Atmosphäre untergehen. Der Helixnebel (NGC 7293) beispielsweise, ein sehr großer planetarischer Nebel im Wassermann, war ohne Filter selbst im 8"-Teleskop problemlos als große, scharf begrenzt leuchtende Fläche sichtbar. Mit UHC-Nebelfilter konnten der riesige Nordamerikanebel (NGC 7000) im Schwan und sein etwas schwierigerer Nachbar, der Pelikannebel (IC 5067/70), komplett mit dem Teleskop abgefahren werden. Auch der Cirrusnebel, ein weitläufiger Supernova-Überrest im selben Sternbild, war ein lohnendes Ziel und zeigte im 8-Zöller so schwache Filamente wie Pickering's Wisp, die selbst unter "Schauinsland-Bedingungen" sonst nur größeren Teleskopen zugänglich sind. Nachdem diese und unzählige andere Vorzeigeobjekte des Sommerhimmels so problemlos zu sehen waren, wollten wir natürlich die Teleskope und die Bedingungen austesten und versuchten uns auch an sich hart an der Wahrnehmungsgrenze befindlichen Lichtfitzelchen, wie sie beispielsweise drei schwache Galaxiengruppen an der Grenze zwischen Schlange und Jungfrau, im Drachen und im Pegasus boten.

Für diese tollen Bedingungen mussten wir allerdings auch einige Nachteile in Kauf nehmen. Auf über 2000 m Höhe können die Temperaturen nachts empfindlich fallen. Trotz über 30° C tagsüber hatten wir nachts nicht mal mehr 10°C. Auch die Taubildung war enorm, was nicht nur zu klatschnassen Karten und Beobachtungslisten, sondern gelegentlich auch zu beschlagenen Fangspiegeln führte. Die oft belächelte Fangspiegelheizung wird also auf jeden Fall Bestandteil der nächsten Teleskope sein, die sich gerade in der Planung befinden.

in Mitteilungen der Sternfreunde Breisgau, September 2003


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