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seltsame junge sterne

 

 

PV Cephei im Oktober 2008, Adam Block/Mount Lemmon SkyCenter/University of Arizona

Wie bilden sich Junge Stellare Objekte?

Als Junge Stellare Objekte (Young Stellar Objects, YSOs) bezeichnet man Sterne in ihrem ersten Lebensabschnitt, bevor sie die Hauptreihe erreichen und in die Phase stabilen Wasserstoffbrennens eintreten.

YSOs bilden sich durch Kontraktion (und Fragmentation) von Molekülwolken. Diese Kontraktion kann durch viele Faktoren ausgelöst werden, die zu lokalen Verdichtungen in dem Sternentstehungsgebiet führen, wie zum Beispiel allgemein Dichtewellen im interstellaren Medium, Strahlungsdruck naher Sterne oder Stoßwellen von nahe liegenden Supernovaexplosionen. Die Kontraktion dieser Molekülwolken wird durch die Schwerkraft angetrieben, die Wolke stürzt quasi im freien Fall in sich zusammen. Die dabei freiwerdende Gravitationsenergie wird wieder abgestrahlt und es bildet sich ein der Schwerkraft entgegen gesetzt wirkender Strahlungsdruck aus. Das dichte Zentrum der kontrahierenden Wolke nennt man dabei einen Protostern. Ein Protostern ist in seinem Zentrum noch nicht heiß genug, um Kernfusion aufrecht zu erhalten, leuchtet jedoch dennoch aufgrund der beim Kollaps freiwerdenden Gravitationsenergie. Im Protostern-Stadium wächst der Stern weiterhin durch Materieeinfall aus der umgebenden Molekülwolke an, so lange, bis die gesamte Molekülwolke einverleibt ist oder bis der stärker werdende Strahlungsdruck den Rest wegbläst.

 

Protosterne, proto-stellare Scheiben, Jets und Herbig-Haro-Objekte

Aufgrund der Drehimpulserhaltung kann die Molekülwolke nicht einfach in sich zusammen fallen. Zwangsläufig bildet sich deshalb bei der Kontraktion eine protostellare Materie-Scheibe um den Protostern aus. Entlang der Rotationsachse hingegen hat die einfallende Materie wenig Drehimpuls und der Materieeinfall erfolgt von daher relativ ungehindert. In Richtung der Pole dünnt die Molekülwolke deshalb rasch aus und es bilden sich an beiden Polen jeweils ein freier Konus innerhalb der Molekülwolke, durch den das Licht des Sterns weniger stark abgeblockt wird und der vom Stern sozusagen von Innen beleuchtet wird. Je nach Sichtwinkel sehen wir die vom jungen Stern angestrahlte Molekülwolke als bipolaren Nebel (von der Seite), als einseitigen Fächer (schräg von oben) oder als zum Stern hin gebogene Sichel bzw. sogar als Ring (bei zunehmend steilerem Blickwinkel).

  

Innerhalb der protostellaren Scheibe wandert Materie durch interne Reibung nach innen zum Stern: Der Protostern akkretiert Materie.

 

credit: ESO/L.Calçada/M.Kornmesser

Dieses Bild zeigt eine künstlerische Sicht auf die staubige protoplanetare Scheibe eines massereichen jungen Sterns.

 

Durch die Rotationsbewegung von Protostern und protostellarer Scheibe entstehen weiterhin starke Magnetfelder, die zur Ausbildung bipolarer Ausströmungen, so genannter Jets, führen. Treffen diese Jets auf die umgebende interstellare Materie bzw. die Reste der kontrahierenden Molekülwolke, wird die Materie dort verdichtet und es bilden sich so genannte Herbig-Haro-Objekte (HHs) aus.

 

credit: wikipedia

 

Relativ helle Herbig-Haro-Objekte (HH1 und HH2) kann man zum Beispiel in einer Molekülwolke südlich des Schlüsselloch-Nebels NGC 1999 im Orion beobachten, an der unteren Bildkante der untenstehenden Aufnahme:

NOAO/AURA/NSF

 Close up by HST press release

 

Patrick Hartigan von der Rice University in Houston gelang es mit dem Hubble Teleskop Bewegungen in den Jets und den Schockfronten mehrerer Herbig-Haro-Objekte nachzuweisen. Movies dieser Bewegungen könne auf seiner Webseite abgerufen werden.

Bewegung des Jets von HH 1, Patrick Hartigan

 

Bei der weiteren Entwicklung/Kontraktion des Protosterns verlagert sich der Energietransport der freiwerdenden Gravitationsenergie aus dem Kern des Protosterns von Konvektion hin zum Strahlungstransport. Dadurch wird der Protostern effektiver gekühlt, was besonders bei etwas schwereren Sternen sehr wichtig ist,  und die Kontraktion kann weiter fortschreiten. Der Stern wandert im Hertzsprung-Russell-Diagramm auf der so genannten Hayashi-Linie oberhalb der Hauptreihe nach unten und der Kern wird schließlich heiß genug, um dauerhaft Wasserstoffbrennen aufrecht zu erhalten.

 

Herbig Ae/Be, T Tauri und FU Ori Sterne

In dieser Übergangsphase haben die Sterne noch kein hydrostatisches Gleichgewicht erreicht, sondern kontrahieren weiterhin, auch wenn zum Teil schon die Kernfusion einsetzt. Die Sterne befinden sich von daher noch nicht auf der Hauptreihe, sondern oberhalb davon. Dies rührt daher, dass sie noch immer einen größeren Durchmesser haben und damit heller sind als Hauptreihensterne gleicher Temperatur (und somit gleicher Spektralklasse). Die Sterne sind in diesem Stadium zum Teil sehr variabel und können insbesondere starke Helligkeits-Ausbrüche (Flares) zeigen. Diese Ausbrüche rühren von unregelmäßigem Materie-Einfall aus der Akkretionsscheibe auf den Stern her. Durch Anregung der dünnen, äußeren Atmosphäre zeigen die Sterne in diesem Stadium zudem Emissionslinien (emission line stars).

Sterne kleiner als 2 Sonnemassen nennt man in diesem Stadium T Tauri Sterne, nach dem entsprechenden Prototypen, während man bei schwereren Sternen von Herbig Ae/Be (e für emission lines) Sternen spricht. Identifiziert werden diese Sterne über die Anwesenheit von Emissionslinien (vor allem Balmerserie des Wasserstoffs), über einen Infrarot-Exzess in ihrer Strahlung aufgrund des umgebenden Staubs in der Scheibe und aufgrund ihrer Lage in einer Sternentstehungsregion. Letzteres wird verifiziert über ihre projizierte Lage zum Beispiel in einer Dunkelwolke sowie dem Vorhandensein eines mit dem Stern assoziierten Reflektionsnebels, der die Lage des Stern innerhalb der Molekülwolke sicher stellt. Unterschieden werden diese Typen von YSOs anhand der Spektralklasse und somit, wie schon oben erwähnt, ihrer Masse (B und A für Herbig Ae/Be Typen und F, G, K und M für T Tauri Typen). Die Vor-Hauptreihenphase ist in beiden Fällen relativ kurz im Vergleich zur Lebensdauer des Sterns und beträgt 1 bis 10 Millionen Jahren bei den massiven Herbig Ae/Be Sternen bzw. 10 bis 100 Millionen Jahren bei den leichteren T Tauri Sternen.

Bei T Tauri Sternen unterscheidet man noch zusätzlich die FU Ori Sterne ("Fuors"), die aufgrund unregelmäßiger Akkretion Flares zeigen und damit sehr große Helligkeitsschwankungen von bis zu 6 Größenklassen haben. Es ist anzunehmen, dass FU-Ori-Verhalten phasenweise bei den meisten T Tauri Sternen auftritt und der FU Ori Typ somit kein klar abgrenzbarer Typ von Vor-Hauptreihenstern ist, sondern lediglich ein zeitlich begrenztes Verhalten in der Entwicklung eines T Tauri Sterns beschreibt. Zusätzlich gibt es noch einen Exor-Typ (nach EX Lupi), der Flares auf kürzeren Zeitskalen zeigt.

 

Phasen der Freilegung der YSOs

Bei der Entwicklung eines Young Stellar Objects unterscheidet man vier aufeinander folgende Phasen, die mehr oder weniger mit der zunehmenden Freilegung des Sterns aus seiner Hülle korrelieren und den daraus resultierenden spektralen Veränderungen (dieses Klassifizierungsscheme basiert auf der spektralen Energieverteilung (SED) des YSOs)..

adapted from Andrea Isella

 

In der ersten Phase kollabiert die Molekülwolke gravitativ zu einem Protostern, der komplett in der ihn umgebenden Hülle verborgen und nicht direkt beobachtbar ist. Lediglich die Infrarotstrahlung der Hülle kann beobachtet werden. Diese Phase des gravitativen Kollaps ist mit einer drastischen Erhöhung der Rotationsfrequenz (spin up) verbunden. Bei zunehmender Freilegung des Sterns wird das durch dessen Temperatur bestimmte Schwarzkörperspektrum des Sterns sichtbar, das gesamte Spektrum zeigt jedoch zum langwelligen Ende (niedrige Frequenzen) hin immer noch den zum Teil beträchtlichen Infrarot-Exzess der umgebenden Hülle. Diese Phasen sind die klassische T-Tauri-Stern-Phase (CTTS) mit einer aktiven Scheibe, in der auch Jets und Herbig-Haro-Objekte entstehen, und die weak-line-T-Tauri-Stern-Phase (WTTS), mit inaktiver Scheibe, einsetzender Kernfusion und beginnender Fragmentierung der protoplanetaren Scheibe. In der letzten Phase schließlich geht der Stern zur Hauptreihe mit kontinuierlichem Wasserstoffbrennen über, aus der protoplanetaren Scheibe bildet sich ein Planetensystem, dass den meisten Drehimpuls aufnimmt, der Infrarotexzess im Spektrum verschwindet und der Stern hat ein klassischen Schwarzkörperspektrum.

Bild der Staubscheibe um den jungen Stern IM Lupi (oben) und andere YSOs (unten), aufgenommen mit SPHERE, dem Exoplanet Research Instrument der ESO am VLT in Chile.

Eine staubige Umgebung

Diese Vor-Hauptreihensterne sind also von einer (staubigen) Akkretionsscheibe und von (staubigen) Resten der Molekülwolke umgeben, aus der sie entstanden sind. Die Akkretionsscheiben oder Protoplanetaren Scheiben sind Orte der Planetenentstehung um den jungen Stern. Andererseits verdecken sie oft den Stern, so dass er nicht direkt beobachtet werden kann oder zumindest sein Licht stark geschwächt wird. In Polrichtung hingegen kann das Licht des Sterns in der Regel entlang der materiefreien Kegel relativ ungehindert austreten. Was man im Teleskop dann beobachten kann, ist das Licht des Sterns, das von der umgebenden Molekül- und Staubwolke gestreut/reflektiert wird. Diese Reflektionsnebel sind von daher auch oft bipolar aufgrund dem Vorhandensein der  Akkretionsscheibe, die das Abstrahlen von Sternenlicht auf die engen Lichtkegel einschränkt.

 

Veränderliche Nebel und Polarisation

Viele dieser Reflektionsnebel sind hochgradig variabel. Dies kann mehrere Ursachen haben:

 
Aufzählung

Einerseits die Variabilität des Sterns selbst (z.B. bei FU Ori Phasen) und damit die Helligkeit des beleuchtenden Sterns.

Aufzählung

Andererseits kann der den Stern umgebende Staub diesen unregelmäßig und zeitlich schnell veränderlich abschatten. Dies führt zu Schattenwürfen in der großräumigen Umgebung, die sich, da es sich ja um Licht und Schatten handelt, mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.

 

Ein eindrückliches Beispiel solcher Schattenwürfe zeigt sich in Hubbles Veränderlichem Nebel NGC 2261 im Einhorn. Die Abbildung unten zeigt eine einzigartige Serie von Aufnahmen von Tom Polakis aus Tempe/Arizona, der NGC 2261 über mehrere Woche hinweg fotografiert hat. In dem der Abbildung unten kann man das Wandern der Schattenwürfe sehr gut verfolgen.

zeitliche Veränderung von NGC 2261, Tom Polakis

 

Weitere Nebel mit hochgradig variabler Helligkeit sind Gyulbudaghians Nebel um PV Cephei, McNeils Nebel in der Molekülwolke von M78 im Orion und der Reflexionsnebel um Z CMa im Großen Hund. Während Gyulbudaghians Nebel um PV Cephei vor Jahren noch selbst in mittleren Teleskopen scheinbar problemlos zu sehen war, war er über viele Jahre sogar mit meinem 22" Dobson grenzwertig, bis er 08/2013 wieder als helles Objekt sichtbar wurde..

 

Veränderungen von PV Cephei auf DSS red plates (vergleiche Adam Block's Bild ganz oben von 2008)

 

McNeils Nebel um V1647 Orionis in M78, wurde 2004 von Jay McNeil photografisch entdeckt und war dann 2006 nicht mehr visuell zu sehen. 2008 wurde er wieder heller und rückte wieder in Helligkeitsregionen vor, die mit meinem 22" Dobson zugänglich waren. .

McNeil's Nebel in M78 im Jahr 2006 (unten) und 2011 (oben).

credit: ESO/T. A. Rector/University of Alaska Anchorage, H. Schweiker/WIYN and NOAO/AURA/NSF and Igor Chekalin

 

Alle drei Sterne, Z CMa,V1647 Ori und PV Cep sind FU Ori Sterne mit Flare-Charakter (wobei PV Cephei mit seinen Flares auf kürzeren Zeitskalen, 2004 und 2013, eher ein Exor ist). Ein anderer Nebel, der für seine Helligkeitsschwankung in historischen Zeitskalen bekannt ist, ist Hinds Variabler Nebel um T Tauri.

Ein weiteres beobachtbares Phänomen ist die bei der Streuung/Reflektion auftretende Polarisation des Lichts. Diese kann mit einem Polarisationsfilter überprüft werden, ähnlich wie auch bei meinen Beobachtungen von protoplanetaren Nebeln, die bis auf den Namen absolut nichts mit den protoplanetaren Scheiben zu tun haben, sondern im Spätstadium in der Entstehung eines Planetaren Nebel auftreten! Solche Polarisations-Beobachtungen werden sich bei den YSOs jedoch auf die hellsten Objekte beschränken.

 

Planetenbildung in YSOs

ALMA hat Ende 2014 die protoplanetare Scheibe um den T Tauri-Stern HL Tauri im 1.2-mm-Wellenlängenbereich aufgelöst und Ringe mit dazwischenliegenden Lücken nachweisen können, die vermutlich durch Akkretion des Scheibenmaterials durch junge Planeten erzeugt werden.

ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

HL Tauri befindet sich in derselben Molekülwolke wie Sharpless 239 und in der direkten Nachbarschaft befinden sich noch weitere YSOs.

ESA/Hubble and NASA

 

Was kann man bei YSOs beobachten?

Bei der visuellen Beobachtung von YSOs begibt man sich zwangsläufig auf Neuland, da sie einfach zu exotisch und zum größten Teil auch extrem lichtschwach sind. Es gibt nur wenige bekannte und hellere Objekte. Die bekanntesten sind sicher Hubbles Variabler Nebel und NGC 1999, die schon in kleinen Teleskopen auffällige und strukturierte Objekte sind. Weitere Objekte, die in Reichweite mittlerer Teleskope liegen, sind Ced 62 (NGC 2163) und Parsamian 21. Die übrigen Kandidaten benötigen größere Teleskope und sind selbst damit nicht einfach zu beobachten. In vielen Fällen ist nur ein stellares Objekt zu sehen, der Vor-Hauptreihenstern selbst. Die umgebenden Nebel sind, sofern sie beobachtbar sind, meist sehr schwach oder vom Stern überstrahlt und zeigen nur in seltenen Fällen die bizarren Strukturen, die auf den DSS Aufnahmen zu erkennen sind. Während die Trennung in Stern und "Nebel" in der Regel recht eindeutig ist, ist die weitere Trennung in Stern, Reflektionsnebel und assoziierte Herbig-Haro-Objekte oft schwierig oder nicht eindeutig. Gerade die HHs sind (bis auf wenige Ausnahmen) ziemlich klein und superschwach. Trotzdem sind das alles spannende Objekte, bei denen man den Stern in ihren ganz frühen Phasen, auch in der Phase der Planetenentstehung, beobachten kann. Und aufgrund ihrer intrinsischen Variabilität ist man vor Überraschungen nie sicher.

 

Der Young Stellar Objects Beobachtungführer

In dem Beobachtungsatlas sind über fünfzig Vor-Hauptreihensterne mit umgebenden Nebeln vorgestellt mit DSS-Bildern, Aufsuchkarten und Objektbeschreibungen am Okular meines 22" Dobsons.

 

Download des Young Stellar Objects Observing Guides

 (pdf-File 15 MByte)

last update 03/2013

 

Vielen Dank an Sakib Rasool (www.starsurfin.co.uk), der wesentlich dazu beigetragen hat, dass dieses Projekt letztlich diese Ausmaße angenommen hat ! 

 

 

Weiter zu den Beobachtungen von Young Stellar Objects

 

DSS images copyright notice

The Digitized Sky Survey was produced at the Space Telescope Science Institute under U.S. Government grant NAG W-2166. The images of these surveys are based on photographic data obtained using the Oschin Schmidt Telescope on Palomar Mountain and the UK Schmidt Telescope. The plates were processed into the present compressed digital form with the permission of these institutions.

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